ZFA (Stuttgart) 2005; 81(12): 537-541
DOI: 10.1055/s-2005-918154
Schwerpunktthema

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Verständliche Risikokommunikation, leicht gemacht - Oder: Wie man verwirrende Wahrscheinlichkeitsangaben vermeidet

Comprehensible Risk Communication Made Easy - Or: How to Avoid Confusing Probability StatementsJ. Mata1 , 2 , A. Dieckmann2 , G. Gigerenzer2
  • 1International Max Planck Research School LIFE
  • 2Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Fachbereich Adaptives Verhalten und Kognition
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Publication Date:
29 December 2005 (online)

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Zusammenfassung

Verständliche Risikokommunikation ist Voraussetzung dafür, dass Patienten die Bedeutung von medizinischen Testbefunden oder Erfolgschancen von Behandlungsmethoden verstehen und informiert mitbestimmen können, welche Behandlung für sie angemessen ist. In diesem Artikel zeigen wir, dass Risiken oftmals alles andere als verständlich vermittelt werden und wie man Abhilfe schaffen kann. Zuerst erläutern wir den Risikobegriff und gehen auf die Aspekte subjektive Wahrscheinlichkeit, Design und Häufigkeiten ein. Anschließend besprechen wir Probleme von Einzelfall-Wahrscheinlichkeiten und bedingten Wahrscheinlichkeiten. Am Beispiel von Mammographie-Screening-Untersuchungen berichten wir von Studien, die gezeigt haben, dass die übliche Darstellung der Erkrankungswahrscheinlichkeit in Prozent oft zu falschen Angaben sowohl bei Ärzten als auch bei Medizinstudenten führt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit positivem Mammogramm tatsächlich an Brustkrebs erkrankt ist, wurde meistens sehr stark überschätzt. Wurden diese bedingten Wahrscheinlichkeiten hingegen als natürliche Häufigkeiten präsentiert, wurde das Krankheitsrisiko von den Befragten signifikant häufiger richtig beurteilt. Zuletzt gehen wir auf den Unterschied zwischen relativer und absoluter Risikoreduktion ein. Die Wirksamkeit von Medikamenten bzw. Behandlungsmethoden wird häufig als relative Risikoreduktion kommuniziert, da so oft größere Effekte suggeriert werden. Allerdings bleibt die Bezugsmenge unklar und so auch, wie viele Patienten beispielsweise behandelt werden müssen, um einen zu heilen. Wir berichten von aktuellen Studien zu diesem Thema und wie man den Durchblick bewahren kann.

Abstract

Comprehensive risk communication is a necessary prerequisite for patients to understand the meaning of medical test results or chances of success of different medical treatments. It allows them to make an informed choice about what treatment they find appropriate for themselves. In this article we show that very often risks are not communicated comprehensively. We point out ways to improve communication. First, we explicate the term risk and the aspects subjective probability, design, and frequency. We then discuss problems with single-case probabilities and conditional probabilities. We take the example of mammography screening studies, which showed that the prevalent use of percentages to represent the chance that a woman has breast cancer often led to wrong assumptions. The likelihood that a woman with a positive mammogram actually had breast cancer was overestimated by physicians and students of medicine alike. On the other hand, when the likelihood of breast cancer was communicated in natural frequencies, the risk of illness was estimated significantly more often in a correct or at the very least in a realistic range. Finally, we address the difference between relative and absolute risk reductions. The efficacy of drugs or treatments is often communicated in relative frequencies, which most of the time suggests a larger effect than representation in absolute risk reduction does. However, the reference class is not specified, and it remains unclear, for example, how many patients have to be treated in order to heal or save one. We report on current related studies and make suggestions on how to achieve clarity.

Literatur

1 Dieser Artikel gibt einen Überblick über aktuelle Forschung zum Thema Risikokommunikation im Fachbereich Adaptives Verhalten und Kognition am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin.

2 Die Zahlen in diesem Beispiel sind zur besseren Verständlichkeit gerundet.

3 Die Zahlen in diesem Beispiel sind zur besseren Verständlichkeit gerundet.

Dipl.-Psych. J. Mata

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

Lentzeallee 94

14195 Berlin

Email: jmata@mpib-berlin.mpg.de